Teamspirit

New work hinter der Ladentheke

Ich bin immer hellauf begeistert, wenn ich am Sonnabend meinem kleinen Ritual fröne und im Ort bei einem Bäcker mit integriertem Café frühstücke. Denn das Team aus vorwiegend jungen Leuten, dem ich bei der Arbeit zusehen kann, arbeitet so reibungslos und effektiv zusammen, dass ich teils sprachlos staune…

So setze ich mich gerne gegenüber vom Verkaufstresen hin, trinke meinen Kaffee und gucke zu. Einfach, weil es Spaß bringt.

Ein nahezu unheimlicher Teamspirit

Das Beste dabei: Bei aller effektiven Zusammenarbeit sind sie allesamt sehr zuvorkommend, freundlich und fröhlich. Haben Spaß miteinander und den Kunden. Viele kleine wortlose Handreichungen. Viele kleine Aufmerksamkeiten. Gegenseitig und gegenüber der Kundschaft.

Selbstverständlich wird der neuen Kollegin nochmals gezeigt, wie das geht die Kundenkarte mit Geld aufzufüllen – ohne, dass sie erst darum bitten muss. Sie schicken sich gegenseitig in die Pause – auch, wenn das für die Verbleibenden erst einmal Mehrarbeit bedeutet. Die Ablösung zum Schichtwechsel wird herzlich begrüßt: „Du bist ja noch ganz verschlafen. Trink erstmal in Ruhe einen Kaffee!“

Älteren Kund*innen wird aufmerksam und geduldig zugehört und das Tablett zum Tisch getragen. Dem jungen Mann im Rollstuhl Brot und Gebäck nach draußen zum Rollstuhl gebracht…

Und nicht, dass Sie jetzt denken, dass dieses Team wenig zu tun hat. Das ist Stress pur. Die Schlange der Leute, die sich ihre Brötchen holen oder Kaffee und Kuchen gönnen, geht weit bis auf den Platz in der Fußgängerzone hinaus.

Eine weitere sehr schöne Situation: Ein älterer Herr wird gefragt, ob es noch etwas sein darf. Die Antwort versteht die junge Kollegin nicht und fragt mehrfach nach. „Er ist wunschlos glücklich!“ ruft ein Kollege, der weiter hinten für den Nachschub an vorgelegten Brötchen sorgt. Alle lachen. Der Kunde hebt den Daumen und lacht mit.

Der Kollege, der mit einer ganz anderen Aufgabe beschäftigt ist, ist also fokussiert bei seiner Aufgabe und gleichzeitig aufmerksam bei seinen Kolleg*innen und den Kunden, dass er mitbekommt, was um ihn herum passiert.

Der Fokus dieses Teams liegt offenbar darauf, den Kunden ein gutes Einkaufserlebnis (in Werbesprache „User-Experience“) zu bieten.

Wow. New Work hinter der Bäckerei-Theke?!
Das stimmt mich optimistisch!

Was mag das Geheimnis dieses jungen Teams sein?

Ich habe mich gefragt, was das Geheimnis des Teams sein mag? Frag sie doch; dachte ich mir und habe einen der jungen Fachverkäufer angesprochen.

„Ich denke, es liegt zum einen daran, dass wir gut zusammenpassen und trotzdem sehr unterschiedlich sind.“, meint er. Und: „Wir sind hier sehr frei in der Gestaltung dessen, wie wir zusammenarbeiten. Auch wann wer arbeitet, entscheiden wir im Team selbst.“

Zwei Wochen später sprechen wir nochmal kurz über den Verkaufstresen miteinander. Ihm ist noch etwas eingefallen: „Es ist so, dass ein neuer Kollege oder Kollegin nicht von stets dem gleichen Stamm-Mitarbeiter angeleitet und eingearbeitet wird, sondern immer von einem anderen. So lernen wir unterschiedliche Herangehensweisen und wieder voneinander.“

Psycho-Hygiene

Auch das habe ich beobachtet: Manchmal stehen die jungen Leute auch für wenige Minuten beieinander, reden miteinander und beömmeln sich über irgendwas – ungeachtet der langen Schlange im Laden und vor der Tür. Und vielleicht ist auch das eines der Erfolgsgeheimnisse: Da kommt keine Leitung und blafft sie deshalb an. Nach kurzer Zeit machen sie – gut gelaunt – weiter: Sie haben etwas für die Psycho- Hygiene getan. Der Job, die manchmal nervigen Kunden, die Hektik können wieder gut gelaunt kommen.

Zusammenfassung – wie entsteht ein gutes Team?

Ein guter Teamspirit kann erreicht werden, wenn:

•   Das Team leitet sich selbst und bestimmt – in gesetzten Rahmen wie in diesem Fall Öffnungszeiten und Arbeitszeitmodellen – wie es arbeiten will.
•   Bei der Teamzusammenstellung wird darauf geachtet, dass die Teammitglieder zusammen passen und doch unterschiedliche Skills aufweisen, die dazu führen, dass eine reibungslose Zusammenarbeit entstehen kann.
•   Neue Teammitglieder werden durch unterschiedliche Kolleg*innen eingearbeitet. Auf diese Weise gibt es keine festgefahrenen Strukturen, sondern unterschiedliche Arbeitsweisen und auch Prozesse werden durchmischt und hinterfragt.
•   Es muss nicht immer alles 100% perfekt und „ordentlich“ laufen. Hin und wieder ist es wichtiger, dass der flow stimmt.
•   Last but not least: Es gibt gemeinsame Ziele und Aufgaben oder eine gemeinsames Verständnis über die zu erbringenden Leistung.


© Beitragsbild von athree23 auf Pixabay, Bild im Beitrag von StockSnap auf Pixabay

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4 Gedanken zu „Teamspirit

  • 16. Juni 2022 um 12:04 pm Uhr
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    Sehr schöner, wertschätzender Beitrag und vor allem einmal eine ganz andere Perspektive! Vielen Dank!

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  • 11. Juli 2022 um 10:08 pm Uhr
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    Interessanter Beitrag mit guten Vorschlägen. Ob es sich in meinem kleinen Betrieb (Tischlerei) so umsetzen lässt, weiß ich nicht. Aber ich werde mit meinen Mitarbeitern einmal darüber sprechen. Denn bei uns läuft es gerade nicht so rund.

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    • 16. Juli 2022 um 12:14 pm Uhr
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      Vielen Dank für Ihre Gedanken. Ich werde den Beitrag demnächst um ein paar Gedanken dazu erweitern, welche Schritte gegangen werden können, auf dem Weg zu einem besseren Teamspirit. Vielleicht hilft das, dass es wieder besser läuft in Ihrem Team.

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